Fast zwei Jahre ist es her, dass die Evangelische Jugend Nürnberg (ejn) den Startschuss für ihre Jugendstudie gab, die seither in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Praxisforschung und Evaluation der Evangelischen Hochschule Nürnberg durchgeführt wurde. Unter dem Titel „Gefragt – Die Arbeit mit Kinder und Jugendlichen in den Gemeinden“ liegen nun die Ergebnisse der groß angelegten Befragung von Nürnberger Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 12 bis 27 Jahren vor. Die Durchführung der Studie wurde vom Amt für Jugendarbeit gefördert.

Im Juli 2015 brachte die ejn ihre Studie an den Start. Ziel war es, zu erfahren, wie Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Dekanat Nürnberg leben, was ihnen wichtig ist und was sie sich von der ejn und ihren Angeboten wünschen und erwarten. Parallel wurden die hauptberuflichen Mitarbeitenden in der Gemeindejugendarbeit befragt. Dabei ging es darum, sowohl deren arbeitsspezifische berufliche Situation als auch einen Ist-Stand der Angebote für Kinder und Jugendliche in den Gemeinden zu erfassen. Die Ergebnisse beider Befragungen liegen jetzt vor.

Etwas über 1000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 27 Jahren haben sich an der Befragung beteiligt. 24 Prozent von ihnen engagieren sich ehrenamtlich in der Gemeindejugendarbeit, 26, 2 Prozent kennen die Angebote der Gemeinden als TeilnehmerInnen, 35,7 Prozent haben wenig bis gar keinen Bezug zur evangelischen Jugendarbeit.

Zumindest diejenigen, die sich bereits in ihren Gemeinden und/oder in den Gremien der Evangelischen Jugend engagieren, wollen mitbestimmen. 70,2 Prozent von ihnen wünschen sich vor allem die Möglichkeit zur Partizipation. Dass immerhin 66,6 Prozent der Ehrenamtlichen ihren Wunsch nach Mitbestimmung als erfüllt ansehen, ist für die ejn ein gutes Zeichen. „In unserem Leitbild spielt die Ermöglichung von Partizipation eine zentrale Rolle. Deshalb ist es gut, dass so viele mit den Mitbestimmungsmöglichkeiten, die wir ihnen bieten, zufrieden sind. Wir werden aber versuchen, uns auch in diesem Punkt weiterhin zu verbessern“, erläutert Dekanatsjugendpfarrer Thomas Kaffenberger.

Ein weiterer Wunsch der Ehrenamtlichen ist der nach geistiger Begleitung und Seelsorge. Beide wurden auf einer Skala von 1 bis 6 mit den vergleichsweise besten Noten bewertet (1,7 und 1,8). Auch diese Nachfrage korrespondiert mit dem Angebot. Im Schuljahr 2014/15 wurden 339 seelsorgerliche Gespräche in den Gemeinden und weitere 145 auf Dekanatsebene und in der Jugendkirche LUX geführt. Zudem gab es im gleichen Zeitraum 19 regelmäßige und 40 einmalige Jugendgottesdienste zu besonderen Anlässen oder Themen. Auf Dekanatsebene und in der LUX wurden 30 regelmäßige und 8 einmalige Jugendgottesdienste gefeiert. Thomas Kaffenberger sieht in diesen Zahlen unter anderem ein gutes Argument gegen Vorurteile, die der Jugendkirche LUX immer wieder entgegenschlagen: „Diese Zahlen zeigen, dass der vereinzelt geäußerte Vorwurf, mit Eröffnung der Jugendkirche LUX würde den Jugendgottesdiensten in den Gemeinden das Wasser abgegraben, völlig aus der Luft gegriffen ist.“

Gerade angesichts der guten Bewertung hinsichtlich Seelsorge scheint eine andere Bewertung höchst interessant: Bei der Frage danach, wie die Befragten die Angebote der evangelischen Jugend in den Gemeinden wahrnehmen, bekam die Eigenschaft „tiefsinnig“ mit durchschnittlich 2,9 im Vergleich zu anderen Attributen wie freundlich (2,0), locker (2,4) oder weltoffen (2,5) ziemlich schlechte Noten. „Das wirft natürlich die Frage auf, inwieweit die Wahrnehmung unserer Angebote als tendenziell oberflächlich aus einer teilweise ja gewollten Niedrigschwelligkeit resultiert und inwieweit wir unsere Angebote tatsächlich anspruchsvoller gestalten müssen“, kommentiert Armin Röder, Jugendreferent der ejn in der Region West und zuständig für die Gemeinden Stephanus- und Thomaskirche sowie St. Leonhard-Schweinau.

Auf die Frage, welche Art von Veranstaltungen und Angeboten sie sich am meisten wünschen, plädieren die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für einmalige Veranstaltungen (61,8 Prozent) und noch mehr für Freizeiten (64 Prozent). Auch die Ehrenamtlichen wünschen sich vor allem Mitarbeiterfreizeiten (78,5 Prozent). Dem steht allerdings eine Wahrnehmung der Hauptberuflichen gegenüber, die Barbara Gruß, ejn-Regionaljugendreferentin für die Regionen Süd und West, wie folgt zusammenfasst: „Leider fallen immer wieder Freizeiten oder Mitarbeiterfreizeiten, Konvente, eintägige Bildungsangebote und ähnliches mangels Nachfrage aus. Von daher wird es wichtig sein, der Ursache dieser Diskrepanz zwischen Wunsch und tatsächlichem Verhalten nachzugehen.“

Vielleicht hilft bei der Klärung dieser Frage ein anderes Ergebnis weiter: Eine Mehrheit aller Befragten würde sich laut Studie durchaus auch für Veranstaltungen erwärmen, die nicht vor der Haustüre stattfinden, sondern in anderen Kirchengemeinden – entsprechende Attraktivität vorausgesetzt. „Das ist natürlich ein interessantes Ergebnis unter dem Aspekt Regionalisierung versus Lokalisierung der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“, meint Armin Röder. „Allerdings müssen wir jetzt erst einmal herausfinden, welche Angebote denn attraktiv genug sein könnten, dass Jugendliche dafür einen weiteren Weg in Kauf nehmen, und ob das dann eher notfalls, weil es halt nicht anders geht, geschieht, oder weil die Jugendlichen tatsächlich regionale Veranstaltungen vorziehen.“

Insgesamt zeigt sich: Es sind noch einige Fragen offen, die geklärt werden müssen: „Eine gründliche Auf- und Weiterverarbeitung der Ergebnisse ist wichtig, um daraus wirkliche Erkenntnisse für unsere Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den Gemeinden zu gewinnen“, meint Thomas Kaffenberger. „Und genau deshalb ist jetzt gerade einmal Halbzeit.“ Die offenen Fragen, die das Ergebnis der Befragung aufwirft, werden nun in einen systematischen Diskussionsprozess überführt, an dem Jugendliche, hauptberufliche Mitarbeitende und PfarrerInnen beteiligt werden sollen. An dessen Ende wird dann, so die Zielsetzung, eine Neu-Konzeption der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den Gemeinden stehen.

In einem ist sich Thomas Kaffenberger allerdings schon jetzt sicher: „Wir werden auf keinen Fall mehr Qualität mit weniger Personal erreichen“, warnt er mit Blick auf den landeskirchlichen Reformprozess. „Schon die Kürzungen im letzten Landesstellenplan haben uns empfindlich getroffen und unsere Möglichkeiten in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen spürbar beschnitten. Kinder und Jugendliche sind die Zukunft unserer Kirche. Sie zu erreichen, sollte uns weiterhin etwas wert sein.“

Weitere Informationen finden sich in der Broschüre mit den wesentlichen Ergebnissen.